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Erste Hilfe, wenn es Dir schlecht geht…

Ich möchte Dir gerne erzählen, wie es mir geht und wie ich diese letzten Tage nach dem Beginn der Russland-Krise erlebt habe. Ja, das ist ein sehr persönlicher Text; sehr persönlich – mir ist es jedoch wichtig, Dich teilhaben zu lassen, damit Du – vielleicht – auch darin Trost finden kannst. 
Und: Ich möchte Dir gerne am Ende diesen langen Textes einige Handreichungen geben, wie Du womöglich mit dieser Situation zwischen „Ukraine und Kinderwunsch“ umgehen könntest

Lass‘ mich Dir erzählen, dass ich heute früh dachte „endlich ist März“! Das denke ich mir im Grunde jedes Jahr am 01.03., denn der Februar ist seit jeher der für mich emotional doofste Monat des Jahres – Sehnsucht nach Frühling und statt dessen passiert wenig.
Dass „wenig passiert ist“ kann man allerdings zu meinem großen Entsetzen ja über den zurückliegenden Februar nicht sagen.  … lass‘ mich daher am letzten Donnerstag beginnen; dem 24.02. – dem Tag, an dem unsere Welt eine andere wurde…

Am Donnerstag letzter Woche hatte ich mir einen Tag im Kalender freigehalten weil ich eine riesengroße Zahnsache (wohl die Spätwirkung des durch die Kinderwunschbehandlungen auslösten Kieferbruches; wer mein Buch „Unsere Glückszahl ist die Zwei“ gelesen hat, weiss, worüber ich spreche) vor mir habe und einen großen Beratungstermin hatte. Ich habe in der Nacht zum Donnerstag schon fast nicht geschlafen, weil es für mich schon heftig ist, in den kommenden Wochen 8 Zähne zu verlieren. Ja, acht.

Ich bin eine absolute Frühaufsteherin und das erste, was ich sah‘ waren die Eilmeldungen, dass Putin in der Ukraine eingefallen und damit den Krieg erklärt hat. Ich fühlte mich wackelig; sehr wackelig – und sehr, sehr ungläubig. Ich konnte das einfach nicht glauben, dass so etwas passiert. 

„Unglauben“ ist eine Art emotionaler Distanzierung von Geschehnissen. Das „nicht wahr haben wollen“ 
schützt uns erst einmal und ermöglicht uns, uns zu sammeln, zurecht zu finden. Man könnte „Unglauben“ auch mit einer „guten inneren Blockade“ umschreiben. In meinem Fall hat es mich zusätzlich belastet, denn normalerweise funktioniere ich in Krisensituationen wie ein Uhrwerk. Zusammenbrechen tue ich – normalerweise – erst nach einer Belastungsphase; vorher gehe ich ganz stark in die Aktion und „tue“. Hier nicht. Hier war ich wie gelähmt. Ungläubig und gelähmt.

Freitag habe ich noch mehr innerlich blockiert – versucht, die Nerven und Ruhe zu bewahren. Schwer genug, wenn man sich wie ich kaum von „Geschehnissen“, an denen Menschen beteiligt sind, abgrenzen kann. Somit war’s ein schwerer Tag. Ich habe durchgehalten, funktioniert. 

Samstag habe ich dann den Unglauben verloren und gemerkt, dass die Wahrheit in mir ankommt. Und ich habe in mein Muster gefunden und etwas „getan“ – den halben Garten umgegraben. Das war so dermassen körperlich anstrengend, dass ich an so gut wie nichts Anderes denken konnte. Um 19.30 Uhr bin ich „komatös“ auf dem Sofa eingeschlafen und habe es kräftemässig kaum noch ins Schlafzimmer und ins Bett geschafft. Es folgte eine unruhige Nacht.

Am Sonntag war mir mental und körperlich einfach nur schlecht. Mir gingen die Bilder nicht aus dem Kopf. Die Fragen nach dem „und was kommt als Nächstes“ begleiteten mich permanent – ebenso wie „Notfallpläne“ für meine Lieben. Was muss man Zuhause haben; mit wem muss man was absprechen… wie können wir helfen und gut durch diese Zeit kommen; wissentlich, dass „gut“ mehr als relativ ist. 

Als ich dann jedoch die Bilder sah, wie der ukrainische Botschafter vom Altbundespräsidenten bei der Sondersitzung des Deutschen Bundestages umarmt wurde… da keimte Hoffnung; ein kleines bißchen Hoffnung. Ein Samenkorn. Denn mir wurde bewusst, dass wir uns – wenigstens; wenn man das so sagen kann – „einig“ sind. Dass es hier ein verbindendes Element gibt, das sich durch fast alle Menschen in der westlichen Welt hindurchzieht. 
Es gibt Stimmen, die von gegenseitiger Aggression sprechen – aber in meinen Umfeld sind es wenige; sehr wenige. Die meisten Menschen in meinem Umfeld haben eine gemeinsame (Werte-) Haltung und das ist etwas, das uns stark macht. Weil wir zusammenstehen. Weil es uns allen gleich geht – weil wir sozusagen in die gleiche Richtung blicken… aber ja, mir war den ganzen Sonntag über dennoch schlecht; körperlich und seelisch. 

Montag war der letzte Tag des Februar und ich habe versucht, einen „normalen“ Montag zu verbringen – aufstehen, arbeiten, Kinderwunsch Kurs Hausaufgaben „be-feedback-en“; Coaching-Telefonate. Dazu brauche ich jeweils die volle Konzentration und das „darauf einlassen“, wo die Frau, die ich jeweils über die Kurse oder Gespräche begleite, steht. Ich „muss“ dann raus aus meiner Welt und in die Welt der Frau einsteigen. Ich tue das mit viel Herz, viel Zugewandtheit und eben voller Konzentration. 

In der Mittagspause bin ich mit den Hunden eine Runde um den Bach gegangen. Das hat mir unendlich gut getan. Gut ging es mir deshalb noch lange nicht. 

Meine Gedanken gehen zu den Vertriebenen aus der Ukraine. Meine Gedanken sind bei dem, was es für sie bedeutet. Ich habe aus der eigenen Familiengeschichte heraus ein ziemlich klares Bild davon, was Flucht und Vertreibung bedeuten und wie es nachhaltig traumatisieren kann. Ich habe – wohl deshalb – in den letzten Jahrzehnten unglaublich viele Biografien über bzw. von Menschen gelesen, die das erleben mussten. 
Ich weiss nicht, ob es anmaßend klingt (und so wäre es definitiv nicht gemeint) zu sagen, dass ich leider ein sehr reales Bild zu glauben habe von dem, was Flucht und Vertreibung und der Verlust des Zuhauses und damit der Heimat für die menschliche Psyche bedeutet.

Ich las‘, dass russisch- bzw. ukrainisch sprachliche Trauma-Begleiter gesucht werden. Glaube mir, ich habe noch nie so sehr bedauert, dass ich dieser Sprachen nicht mächtig bin. Wenn es nicht wirklich „schräg bis unangemessen“ klingen würde, dann würde ich sagen, dass tiefste menschliche Erfahrungen mich „faszinieren“… dass ich glaube, dass ich hier „gut“ bin… dass ich „gut“ darin bin, zuzuhören, zu verstehen, mitzufühlen und zu helfen. Im Grunde ist auch der unerfüllte Kinderwunsch so eine existentielle und potentiell sehr bedrohliche Situation für die Psyche… und dennoch: Vergleichen kann und darf man es wohl nicht. 

Heute ist Dienstag. Heute beginnt ein neuer Monat. Ich hörte irgendwo, dass der März sich durch keinerlei vor- oder rückläufige Planeten auszeichnet. Ich weiss wirklich nicht, was das bedeutet. Ich kann nur mutmaßen, dass das heissen könnte, dass es keine Bewegung gibt – weder vor noch zurück. Ich ringe seit den frühen Morgenstunden damit, ob das nun in meiner Wahrnehmung eine gute oder eine schlechte Nachricht ist. 

Üblich ist es, Gefahr zu erkennen und dann in seinem Muster (Angriff oder Flucht, Ohnmacht oder Aktion) darauf zu reagieren. „Kein vor und kein zurück“ ist fürchterlich; am Meisten für die Menschen, die um ihre Lieben und ihre Heimat bangen. Am Meisten für diejenigen, die gerade alles verlieren. Und selbst, wenn es ein „zurück“ gäbe… dann wäre doch Alles nicht mehr wie vorher. Ich ringe um eine gute innere Haltung. Wobei „gut“ für mich bedeutet: Angemessen, ehrlich, authentisch – aber auch selbstschützend. Denn ich glaube, dass es gerade in Zeiten hoher emotionaler Belastung wichtig ist, zu schauen, dass man selbst bei Kräften (seelisch und körperlich) bleibt. 
Wenn wir „zerfallen“ bringt das Niemand etwas; im Gegenteil, wir ebnen damit den Weg dafür, dass sich Menschen um uns herum auch noch um uns sorgen müssen.

Daher möchte ich Dir zurufen: 

Finde Deinen Umgang mit dieser schwierigen Situation. Ich glaube, es gibt vielleicht ein paar Dinge, die unangemessen sind… aber im Grunde kannst Du gar kein falsches Verhalten haben. Es ist wichtig, dass Du schaust, wie Du stark und stabil bleiben kannst.

  • Es ist okay, sich zu informieren. Es ist vielleicht sogar elementar wichtig. Schau‘ , dass Du die Dosis so wählst, dass Du es „händeln“ kannst.
  • Überlege Dir, ob Du Bilder gut verkraftest oder ob sie sich (wie bei mir) in Dir im besonderen Maße „festsetzen“. Dann könntest Du auch das Radio wählen.
  • Überlege Dir, ob Du wirklich die Push-Meldungen eingeschaltet haben möchtest – oder ob Du (siehe „Dosis wählen“) lieber selbstbestimmt und innerlich vorbereitet auf die Nachrichtenkanäle gehst, denen Du vertraust.
  • Du darfst Dich ablenken, wenn es Dir hilft, stabil zu bleiben! Sich bewusst etwas zuzuwenden, das Dich stärkt, ist vollkommen okay! Aber sei Dir dabei – wie beim Kinderwunsch auch – bitte bewusst, dass so elementare Situationen, wie Du sie gerade erlebst, auch während der Ablenkung weiter in Deinem Unterbewusstsein „arbeiten“. Das heisst: Wenn Du sie unterdrückst, werden Deine inneren Stimmen denken, dass Du sie nicht erkannt hast. Ihnen bleibt dann – bildlich gesprochen – kaum etwas Anderes übrig, als Dich vermehrt darauf hinzuweisen, dass hier wichtige Themen in Dir sind. Das tun Deine inneren Gefühle und Gedanken dann in der Regel, in dem sie immer lauter werden. Weil sie denke, dass Du es sonst nicht „kapierst“. Sie werden – je mehr Du unterdrückst – immer mehr dagegen halten, lauter werden und letztlich die „Alarmanlage“ anschalten. Deshalb: Ablenkung, bewusst gewählt, ist total in Ordnung – wegdrücken, unterdrücken, ignorieren ist allerdings keine gute Strategie! Weder im Kinderwunsch noch in dieser Weltlage…
  • Du darfst traurig sein über das Weltgeschehen; es ist ja keine „unerklärliche Überreaktion“ sondern zutiefst plausibel und nachvollziehbar. Achte – bitte – darauf, dass Du jedoch „Maß“ halten kannst und suche Dir, wenn nötig, Unterstützung – entweder durch gute Gesprächspartner oder auch professionelle Unterstützung. Es gibt bspw. psychische Akut-Sprechstunden über die Kommunen oder auch die Telefonseelsorge. Auch ich bin gerne bereit, mit Dir zu sprechen, wenn Du denkst, dass ich Dir eine Stütze sein kann.
  • Du darfst Dich auch freuen! Die Anzeichen des Frühlings bspw. können Deine Akkus aufladen – und das halte ich für wichtig; enorm wichtig. Du kannst nicht nur Kraft investieren; Du musst sie auch wieder nachfüllen, sonst läufst Du bald auf „Reserve“.
  • Du darfst alle Gefühle haben, die Du hast. Wir Menschen können mehrere – auch gegensätzliche – Gefühle auf einmal haben. Wir können uns an dem Einen freuen und gleichzeitig zutiefst traurig über Anderes sein. Du musst Dich nicht entscheiden. Du kannst Dich über etwas Gutes in Deinem Leben freuen UND gleichzeitig tief besorgt auf die Welt blicken. Es ist kein „… oder …“ sondern ein inneres, versöhnliches „… und ….“.

 Das sind meine Tipps… das ist Alles meine Herangehensweise. Ich habe sie nach den ersten Tagen der Ohnmacht und des Unglaubens wieder gefunden. Immerhin kann ich sagen, dass ich leider sehr viel Erfahrung mit enorm belastenden Situationen habe und daher sind diese TIpps doch ziemlich erprobt und mit meinem fachlichen Wissen angereichert. Mir tun sie gut. Vielleicht auch Dir. Schau‘ einfach, welche dieser Strategien Du ausprobieren möchtest. Am Ende ist Trauerbewältigung (und ich denke, das ist die treffende Bezeichnung – über die Situation in der wir Alle uns gerade befinden und auch hinsichtlich des „Nicht-Ereignisses“ des unerfüllten Kinderwunsches) sehr individuell. Es ist wichtig, dass Du für Dich herausfindest, wie Du Dir selbst auf eine „gute“ und „gesunde“ Art und Weise helfen kannst. Ich hoffe, Dich hier dabei zu unterstützen und Handreichungen zu geben.

Und nun schließe ich damit, dass auch ich nicht weiss, was die nächsten Tage, Wochen und Monate uns bringen werden. 

Der Februar war ein schwerer Monat für mich – erst die Omikron-Peak-Geschichte, dann der Putin-Wahnsinn. Ich bin froh, dass der März angebrochen ist. Aber ich weiss nicht, ob es ein guter und erfüllender Monat werden wird. 

Ich versuche, ganz bewusst und aktiv das zu tun, was ich tun kann, muss und möchte. Ich helfe dort, wo ich helfen kann. Ich versuche mich „busy“ zu halten – denn das ist mein Muster und es hilft mir und gibt mir innere Sicherheit, mich darin zu bewegen. Denn dort kenne ich mich aus und weiss, wie ich Folgen des „busy seins“ bewältigen kann. Und genau deshalb werde ich mit noch mehr Leidenschaft für meine Frauen in ihrer schweren (Kinderwunsch-) Zeit da sein. Ich werde noch mehr Telefon-Coaching-Termine möglich machen und mich noch mehr in den Kinderwunsch Kursen engagieren; dort ist eh‘ Raum für Gefühle und Gedanken – vielleicht werden sie nun thematisch noch umfänglicher. Für mich ist das okay. Denn auch mich beschäftigt die Frage, ob es nun ein Glück ist, dass mein Mann und ich in dieser Weltlage keine Kinder haben, um die wir uns sorgen müssen… oder ob es genau deshalb eigentlich schlimmer ist. Denn eine eigene Familie ist ja auch ein Halt, ein Ort des Schutzes, der Liebe, des Zusammenhaltes, der Fürsorge…

Wir wissen nicht, was kommen mag. Ich wünsche Dir und mir und all‘ den Menschen, die gerade eine fürchterliche Zeit erleben, die innere Klarheit und Möglichkeit, auf sich selbst zu vertrauen und ihr Mögliches zu tun. 

Ich wünsche Dir Kraft.
Ich wünsche Dir inneren Halt, damit Du stabil sein kannst.
Ich wünsche Dir freudevolle Momente, die Dich stärken.Ich wünsche Dir den Mut zur Ehrlichkeit im Umgang mit dem, was Dich beschäftigt.
Ich wünsche Dir, dass Du ruhig sein kannst – nicht untätig, aber ruhig und zentriert.
Ich wünsche Dir, dass es Dir – trotz Allem – gut geht.

Ich wünsche all‘ das Dir… und mir selbst auch.
Ich wünsche Dir einen März, der Schrecken und Fürchterliches fern hält und Menschen, die Schutz bedürfen, Schutz finden lassen.

Ganz liebe Grüße – noch einmal mehr als sonst!

Kinderwunsch Coaching - Beratung und Unterstützung bei Kindersehnsucht