Kinderwunsch Interview: „Als Stille bei uns wohnte – anstatt Dir“

Jessi hat mir geschrieben und gefragt, ob sie ihre Geschichte vom unerfüllten Kinderwunsch auf meinem Blog erzählen darf. Und natürlich habe ich mich sehr darüber gefreut, dass sie bereit ist, uns alle daran teilhaben zu lassen, was sie und ihr Mann auf ihrem Weg mit dem Umgang des unerfüllten Kinderwunsches erlebt haben und aushalten mussten und müssen. Es hat mich wirklich sehr berührt, mit welcher Klarheit aber auch Herzlichkeit sie von ihren Erlebnissen berichtet. Lest selbst:

***

Mein Name ist Jessi, ich bin 32 Jahre alt und ich lebe mit meinem Mann in einer mittelgroßen Stadt in Nordrhein-Westfalen. Wir sind seit mehr als 10 Jahren zusammen und seit 7 Jahren verheiratet und führen (eigentlich) das typische Standardleben in einem kleinen Häuschen in einem Neubaugebiet.

Wir sind seit mehr als 10 Jahren zusammen und seit 7 ½ Jahren verheiratet. Wir arbeiten beide im öffentlichen Dienst und führen (eigentlich) das typische Standardleben in einem kleinen Häuschen in einem Neubaugebiet in unserem Ort.

Für mich war eigentlich immer klar, dass ich irgendwann mal zwei Kinder haben möchte. Bereits zu meiner Jugendzeit, als ich meinen Mann noch nicht kannte, war das immer meine Idealvorstellung. Einen tollen Ehemann zu haben, einen vernünftigen Job zu haben, Eigenheim, Kinder…

Meine Erwartungen an das Leben wurden auch fast ziemlich erfüllt. Fast… Wenn da der Punkt mit der Kinderlosigkeit nicht wäre, der das ganze Leben einfach auf den Kopf stellen kann.

Obwohl mein Mann nicht so wie ich immer der Überzeugung war, dass Kinder zum Leben dazu gehören waren wir uns sehr schnell einig, dass wir Kinder haben möchten. Und so versuchten wir auch nachdem wir im Jahr 2009 geheiratet und unser Haus gekauft haben schwanger zu werden. 

Nachdem sich sechs Monate lang nichts tat und sich bei mir Unregelmäßigkeiten im Zyklus auftaten wollte ich mich untersuchen lassen. Nicht, weil ich mir extreme Sorgen machte, sondern einfach, weil ich merkte, dass meine zweite Zyklushälfte nicht optimal verlief und ich dachte das könnte bei einer Einnistung hinderlich sein. Also ab zur Frauenärztin, die auch weitere Untersuchungen in die Wege leiten wollte, aber nur dann, wenn auch der Mann sich untersuchen lässt, also musste ein Spermiogramm her. Das Ergebnis riss uns dann zum ersten Mal den Boden unter den Füßen weg. Keinerlei Spermien gefunden, sprich Azoospermie. Nichts!

Nachdem der erste Schock verdaut war und uns klar war, dass nun ein steiniger Weg vor uns steht waren wir jedoch weiterhin optimistisch. Schließlich ist in der heutigen Zeit medizinisch so viel möglich, das wird am Ende auch für uns positiv enden.

Nachdem ein Zweites Spermiogramm das gleiche Ergebnis aufwies war der nächste Schritt für uns eine sogenannte testikuläre Spermienextraktion (TESE). Wir haben uns hierfür einen der besten Ärzte in Deutschland raus gesucht, der auch mit einem der besten Labors in Deutschland zusammen arbeitet. Man möchte ja auf Nummer sicher gehen bei diesem Thema.

Wenige Tage vergingen bis wir das Ergebnis erfragen konnten. Ich sehe mich heute noch da sitzen, auf der Couch, als mein Mann das Ergebnis telefonisch übermittelt bekam. „Es tut uns Leid…“ mehr weiß ich nicht mehr, da ich völlig in Tränen ausgebrochen und in mir zusammen gesunken bin.

Für mich war das, auch aufgrund der Kürze der Zeit ein regelrechter Schock, wochenlang war ich wie paralysiert. Warum ausgerechnet wir, warum so früh, warum können wir nicht eine Chance bekommen? Mit dieser Tatsache mussten wir erstmal umgehen. Zu dieser Zeit habe ich sehr häufig das Lied „Still“ von Jupiter Jones im Radio gehört. Und was könnte diese Endgültigkeit besser erklären als die Textzeilen

„So laut, die Stunden nach dem Aufschlag als es galt,
dass alles, zu erfassen und verstehen und es war,
so laut, dass alles was wir dachten nichts als Leere zu uns brachte
so laut und so verloren war es hier,
als Stille bei uns wohnte anstatt Dir.“

Irgendwann kommen dann die Überlegungen. Geht es weiter mit dem Thema Kinderwunsch? Wie geht es weiter? Früher hätte ich nie gedacht, dass ich mich mal annähernd mit dem Thema „Fremdsperma“ auseinandersetzen wollen würde, doch irgendwann nach der Diagnose war es für mich eine Option. Leider nur für mich. Nach vielen Monaten gemeinsamer Überlegung war klar, dass wir bei dieser Option keinen gemeinsamen Weg finden werden.

Auch eine Adoption war nur eine kurze Überlegung für uns, wir entschieden uns dagegen.

Somit war unser gemeinsamer Weg für die Zukunft: Ein Leben ohne Kinder!

Diese Diagnose ist nun fünf Jahre her. Fünf Jahre in denen wir versucht haben mit dem „Problem“ alleine fertig zu werden. Ich habe zwar mehrere Ratgeber und Bücher gelesen und mich ab und an mit engen Freunden darüber unterhalten, jedoch habe ich dieses Thema und den Schmerz nie wirklich aufgearbeitet. Es sollte sich zeigen, dass dies der falsche Weg für mich war.

Nachdem ich anfangs eine sehr schwierige Zeit hatte und sicher auch Probleme damit hatte Mütter mit ihren kleinen Kindern zu sehen, glückliche Familien zu sehen, schwangere Frauen zu sehen gab sich das ganze und ich kam gut damit klar. Ich habe angefangen das positive zu sehen. Wir können verreisen, müssen nicht jeden Cent 2 mal umdrehen, können spontan essen oder ins Kino gehen. Wir sind halt so flexibel wie wir nur sein könnten.

Also alles gut? Nein, nichts ist gut. Ca. vier Jahre nach der Diagnose rollte mich das ganze Thema wieder auf. Erst wurde ich immer wieder ein bisschen traurig, dann ging es wieder und nun befinde ich mich seit fast acht Monaten in einem Loch, einem dunklen schwarzen Loch, aus dem ich alleine scheinbar nicht mehr heraus komme.

Ich kann es aber nicht richtig greifen. Ich habe kein Problem damit Babys oder Kinder zu sehen, ich spiele total unbekümmert mit Ihnen, mein Herz schmerzt nicht mehr, so wie das vor ein paar wenigen Jahren noch der Fall war. Es ist viel schlimmer, viel tiefer in mir drin. Ich fühle mich einsam und total verloren und auch wenn ich glücklich verheiratet bin und wir eigentlich ein tolles Leben führen bin ich unvollständig. Ich lebe nicht das Leben, wie ich es mir gewünscht habe!

Für mich war also vor wenigen Wochen nach einer kurzen, aber sehr depressiven Phase klar, dass ich Hilfe brauche, Hilfe um aus diesem Loch wieder raus zu kommen.

Mein Erstgespräch bei einer Psychologin war gestern. Wir beginnen nächste Woche mit meiner Therapie. Für mich eine Therapie zurück zum Glück, eben auch ohne Kinder.

Wenn ihr befürchtet nicht die Kraft zu haben alleine aus dieser Situation heraus zu kommen, tut euch einen Gefallen: Redet darüber!

Als ich Franzisa Ferbers Buch aufgeschlagen habe sprang mir der Satz „Es ist doch seltsam, dass wir gerade über die Dinge, die uns am meisten beschäftigen, am wenigsten reden“ entgegen. Selten habe ich so ein zu meiner Situation passendes Zitat gelesen.

Ich bin an einem Punkt angekommen, wo ich die Situation verarbeiten will indem ich unser Problem einfach nicht mehr totschweigen will. Also werde ich aktiv und suche mir Hilfe, ich binde mehr Menschen ein, die mir helfen können, mit denen ich reden kann und ja, auch die, die vielleicht ähnliche Probleme haben könnten.

Menschen, die mit mir diesen Weg gehen und die mir helfen die Sonne am Ende des Tunnels zu sehen. Auch das sind Zeilen aus Franziskas Buch.

Ich bin also noch lange nicht an dem Punkt angekommen, an dem Franziska gerade ist, aber ich hoffe, dass auch wir unsere Weg finden werden. Unseren Weg zur Glückszahl Zwei!

 ***

Danke, liebe Jessi für Deinen Mut, Deine Geschichte zu erzählen. Und es ist wie man durch Deine Worte so lesen kann, kein leichter Weg… und ich glaube als Frau, die nicht nur Kinderwunsch Coach ist sondern v.a. den Weg mit diesem Ergebnis selbst beschreiten, überleben und aushalten musste, dass sehr viele Frauen wissen, wie hart die Brandung sein kann, wenn die Wellen hochschlagen. An dieser Stelle bin ich mit dem Coaching Angebot „Kindersehnsucht Lebewohl“ (klick!)  gerne da, um dabei zu unterstützen, es leichter zu schaffen, den Kopf (und vor Allem das Herz!) über Wasser zu halten. Wenn Du glaubst, dass Dir das gut tun könnte, dann melde Dich gerne bei mir.

Liebe Jessi, Dir wünsche ich von Herzen alles Gute, viel Kraft und Zuversicht… und ein Auge, ein Herz und ein Ohr für die Dinge, die das Leben (auch ohne Kinder) reich und schön machen! Mögest Du bald sagen können … es war und ist nicht leicht – aber meine Glückszahl ist die Zwei!
Alles Gute!
Viele liebe Grüße,
Franziska Ferber
PS: Wenn auch Du Deine Geschichte erzählen möchtest – gerne auch anonym – dann schreib‘ mir gerne eine Nachricht. Ich freue mich über jede Frau, die bereit dazu ist – weil sie auch so vielen anderen Betroffenen damit Mut macht und ein Stück Kraft und Hoffnung schenkt. Also – schreib‘ mir gerne, wenn Du schreiben möchtest! Hier ist der Kontakt (klick!)