Mütter – oder die „arbeitsmarktpolitische Verschwendung von Frauen“

Mir fällt auf, wie viel gerade in den letzten Tagen über die Familienplanung und ihre arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitische Bedeutung geschrieben wurde. Die Medien schreiben so ungefähr das Folgende:

  • … die Mutter als Teil der verfügbaren Arbeitsmasse in Deutschland (FOCUS)
  • … „Social Freezing“ (also das Einfrieren von Eizellen für spätere Zeiten) (FAS)
  • … wie es ist, eine 30jährige Frau ohne Kinder in Deutschland zu sein (ZEIT)
  • … wie es ist, wenn man als Frau nur mit dem Blick auf den Bauch begrüßt wird (Süddeutsche).

Warum das gerade jetzt passiert, weiß ich nicht. Grundsätzlich aber freue ich mich, dass das Thema in der (gesellschaftspolitischen) Debatte einen Platz findet und eine einigermaßen akzeptable Präsenz erfährt. Aber ich gestehe auch, dass ich mich doch aufgeregt habe. Der FOCUS schreibt (hier: http://www.focus.de/politik/deutschland/politik-2-macht-den-laden-zu_id_3925073.html ) über die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) und ihre Definition der Familienpolitik:

„Macht den Laden zu! (…) Mitarbeiterin des Monats im neuen bundesrepublikanischen Legehennen-Betrieb ist damit die Mutter, die ihre Eier, pardon Kinder, möglichst schnell nach der Geburt in Massenkinderhaltungsbetrieben abgibt, um mit ihrer Arbeitskraft die Betreuungskosten wieder selbst zu erwirtschaften, die ihre eigenen Kinder der Allgemeinheit verursachen (…)“

Ja, wir Frauen sind derjenige Teil der Menschheit, der Kinder bekommen kann. Ja, wir sind immer besser ausgebildet, tragen immer mehr (unternehmerische bzw. berufliche) Verantwortung und – ja, auch dafür habe ich Verständnis – für manche Frauen ist es wichtig, dass sich der Einsatz im Studium und der daran anschließenden Berufswelt auch erst einmal lohnen darf, bevor wir uns dem Kinderwunsch, der Kindersehnsucht, dem Kinderkriegen zuwenden.

Aber dass Frauen im arbeitsfähigen Alter, die Kinder bekommen, rein arbeitsmarktpolitisch beurteilt und Unterstützung, die sie erhalten, mit Wertungen wie „Fehlanreiz“ (= familienpolitische Förderung wie bspw. Betreuungsgeld und/oder Elterngeld) und „Verschwendung von Potentialen“ (= für die zu Hause Kinder betreuende Frau, die keinem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nachgeht) belegt werden, ist für mich schlicht unerträglich.

Genauso wenig kann ich es ertragen, dass mir in den letzten 10 Tagen zwei Fälle von Nicht-(Be-)Förderungen berichtet wurden, nur weil diese Frauen (beruflich engagiert, hoch qualifiziert und mit gutem Standing) „leider“ relativ frisch verheiratet und knapp über 30 waren – und irgendein Entscheidungsträger (wohl) davon ausgeht, dass diese jeweilige Mitarbeiterin demnächst „ausfallen könnte“.

Und da sage ich: Hört auf, die Familienplanung in unserem Land als arbeitsmarktpolitische Verhandlungsmasse zu betrachten! Hört auf, uns Frauen nur nach dem Faktor „arbeiten sie noch – oder kümmern sie sich schon um ihre Kinder“ zu beurteilen. Hört auf, Frauen ab 30 zu benachteiligen, nur weil man glauben könnte, dass sie vielleicht ein Kind bekommen wird. Hört auf, allen, die ihre Kinder selbst erziehen und nicht direkt nach der Geburt in Kitas geben, auf’s Brot zu schmieren, dass sie nicht – zugespitzt formuliert – zum Wirtschaftswachstum beitragen.

Was wir in unserem Land brauchen, ist das Zutrauen in die Frauen, die für sie richtige Entscheidung zum für sie richtigen Zeitpunkt zu treffen. Eines Tages werden wir – so hoffe ich – unsere Karrieren mit Kindern gut verbinden können; werden diejenigen von uns, die Kinder bekommen möchten, aber das nicht können, die Unterstützung bekommen, die ihnen zusteht und wir werden die Erziehungsarbeit von Müttern und Vätern als Arbeit, als Beitrag zu unser Gesellschaft, würdigen! Und dann, ja dann, dann sind wir auf dem richtigen familienpolitischen Weg, Frau Bundesfamilienministerin.

 

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Kindersehnsucht – Kinderwunsch – München